„Sie können getrost die spätere Verbindung nehmen, es wird morgen verhangen sein.“
Ein Anruf vor Ort sollte Klarheit schaffen. Frau Zarnitz vom Restaurant Sonne in Elm versicherte uns, dass das Sonnenspektakel am Martinsloch am Samstag wegen schlechten Wetters nicht zu sehen wäre. Leider täuschte sie sich... 

Dass wir überhaupt unterwegs waren Richtung Glarnerland an diesem grauen Märzmorgen, war lange in der Schwebe. Seit Wochen überschlugen sich die Nachrichten wegen eines neuartigen Virus’ namens Corona, das von China aus in kürzester Zeit den ganzen Globus erobert hatte und nun über Norditalien und das Tessin auch den Weg zu uns gefunden hatte. Ab Montag sollten die Schulen geschlossen bleiben, ab Dienstag auch alle Restaurants. Der Bundesrat hatte am Freitag die ausserordentliche Lage ausgerufen und für Anfang Woche einen Lockdown verhängt. Ein Zustand, wie in keiner von uns je erlebt hatte. Entsprechend gross war die Verunsicherung... Im Vorstand hatten wir vorgängig Kriterien für die Durchführung definiert und zum Schluss allen Angemeldeten die Möglichkeit eingeräumt, sich wieder zurückzuziehen. 12 APV-ler traten schliesslich die Reise in den Zigerschlitz an.

In Schwanden steigen wir in den Bus um. Ich setzte mich ganz zu vorne beim Chauffeur hin. „Schade dieses verhangene Wetter“, begann ich, „wir wären sonst früher gekommen wegen des Sonnenspektakels am Martinsloch“. Der Chauffeur erwidert etwas belustigt. „Da haben sie sich aber getäuscht. Oben in Elm, war offen, das Spektakel schön zu sehen!“ Ich war etwas konsterniert, um weitere Worte verlegen und sagte schliesslich, dass ich mich gestern bei der Wirtin der Sonne informiert hätte, und sie mir gesagt hätte, dass es sich nicht lohne. Schade.

APV Morgarten: Schiefertafelfabrik, Frau Rhyner-Elmer

APV Morgarten: Schiefertafelfabrik, Frau Rhyner-Elmer

Oben in Elm reichte die Zeit für einen Kaffee in der Sonne und die Aufnahme der Menüwünsche für Zmittag. Auf 10.30 Uhr verschoben wir uns zur alten Schiefertafelfabrik. Frau Rhyner-Elmer erwartete uns schon. Im Edelweiss-Hemd und dem Glarnertüechli um den Hals und mit reinstem Elmer Dialekt.
Wir waren begeistert ab der kleinen Fabrik. Die Mischung aus handwerklichem Geschick, Kreativität und Erfindungsgeist – sogar ein erster Halbautomat zum Verleimen der Rahmen war entwickelt worden – beeindruckten uns. Wie es so oft im Leben spielt: Die Schiefertafeln waren immer weniger nachgefragt, neue, modernere Produkte setzten sich auf den Markt durch. So kam in den Achtzigerjahren schliesslich das Aus. Die kleine Fabrik machte aber den Eindruck, als wären die Mitarbeiter nur kurz weg, in der Pause. Alles war originalgetreu erhalten. Die Kälte in der unbeheizten Fabrik zog langsam ein bis in die Knochen, und so waren wir vor, für den zweiten Teil, Geschichte und Abbau des Schiefers, in den beheizten Anbau wechseln zu dürfen.
    Wir hatten wohl zu viele Fragen gestellt oder Frau Rhyner-Elmer zu spannend erzählt, jedenfalls war die Zeit so weit fortgeschritten, dass es Zeit war für das Mittagessen. Was wir APV-ler ungern machen, war nun unausweichlich: den Apéro hinausschieben.
          Das Essen in der Sonne schmeckte vorzüglich. Nebst der vom Verein offerierten Kaffeerunde gönnte sich der eine oder andere einen Schnaps – zur Desinfektion gegen dieses neuartige Virus. „Nützt nüd, so schadt’s nüd!“ Gestärkt ging’s mit dem Bus hinunter nach Engi zum Landesplattenberg, wo uns Herr Gähler an der Bushaltestelle erwartete. Die Gruppe, mit der zusammen wir für die Führung vorgesehen waren, hatte sich zurückgezogen, und so genossen wir eine Exklusivführung. Es folgte ein kurzer Spaziergang hinauf zum Eingang des Stollens. Was sich nun vor uns auftat, war schlicht und ergreifend gewaltig. Säulen und Gewölbe, als würden wir uns in einem riesigen Sakralbau bewegen. Wir stiegen hoch und runter und wurden nicht müde vor Staunen. An zwei, drei Stellen hielten wir an, wo Herr Gähler uns spannende Informationen zu Abbau und Nutzung dieses speziellen Gesteins gab. Ich durfte mit einer Handsäge, Typ grosser Fuchsschwanz, eine Schieferplatte beschneiden. So schön und edel dieses Material, so fein und zerbrechlich ist es.

APV Morgarten: im Landesplattenberg

APV Morgarten: im Landesplattenberg


Zurück im Talboden fand die Exkursion in den ehemaligen Baubaracken des Berges unweit der Bushaltestelle ihren thematischen Abschluss. Fragen hatten wir viele. Herr Gähler nahm sich gerne Zeit. Dass damit der Moment gekommen war, den Becher zu ergreifen und den Apéro zu eröffnen, ist wohl klar.
Mit vielen Eindrücken traten wir schliesslich die Heimreise an. Hier, im hintersten Teil des Glarnerlandes, sprach noch niemand wirklich von diesem Virus. Vielleicht war es hier auch noch gar nicht angekommen. Wir aber mussten zurück ins „Gewusel“ des Samstagabendverkehrs...
Nachtrag: Tagdarauf wurden vom Bundesamt für Gesundheit 220 Ansteckungen für den Samstag gemeldet. Wir hatten vorsorglich vereinbart, dass, sollte sich jemand unwohl fühlen, unverzüglich der Vorstand zu informieren sei. Zum Glück meldete sich niemand...

Text und Bilder: Käsel Iten / Tschop

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